02.02.2010 Frankenpost: Zahlen mit den Händen greifen

Bildung | Die Montessori-Schule in Berg präsentiert ihren Gästen ihr Konzept und zeigt anschaulich, worauf es ihr ankommt. Die Zahl der Schüler steigt Jahr für Jahr.

Berg - In Natura und live haben beim Tag der offenen Tür des Montessori-Schule in Berg viele Gäste von klein bis groß das Schulgebäude, zu dem auch die Grundschule gehört, die Klassenräume, den Unterricht, Lehrer und vor allem die Schüler erlebt. In der Aula, den Gängen und den einzelnen Klassenzimmern mit den aussagekräftigen Namen Goethe-Zimmer (Lernort Deutsch) oder Gauß-Zimmer (Lernort Mathematik) herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Viele Eltern mit ihren Sprösslingen nutzten die Gelegenheit, um sich über das Angebot zu informieren und alles hautnah zu erleben.

Schulleiter Stephan Ludl stand wie viele andere Pädagogen Rede und Antwort, und nicht nur das - am praktischen Beispiel demonstrierten Mädchen und Jungen die Philosophie von Maria Montessori. So gab es im Gauß-Zimmer Mathematik live, aber nicht mit den Schülern in der Schulbank und dem Lehrer an der Tafel, sondern alle saßen zusammen auf einen Teppich und hatten vor sich didaktisches Material, in diesem Fall handfeste Holzwürfel, um die Rechnung anschaulich zu erarbeiten. Es dauerte gar nicht lange, und die Besucher saßen mit auf dem Teppich und tüftelten auch.

Arbeit in kleinen Gruppen

Schulleiter Ludl erklärte, dass in einer Lernstufe, die der Jahrgangsstufe entspricht, im Durchschnitt 22 bis 24 Schüler säßen. Diese unterteilt sich aber automatisch in drei Gruppen. Das Klassenzimmer allein sei schon durch Raumteiler gegliedert, um zwei Gruppen bilden zu können. Nach den Worten von Schulleiter Ludl wird dort erst gemeinsam der Sachverhalt spielerisch mit didaktischem Material erarbeitet. Sind sich die Kinder in der Sache sicher, können sie im gleichen Zimmer den Sachverhalt mit weiterem Material vertiefen und im Heft sichern.

Letztendlich steht das Studierzimmer auf dem Plan, hier werde mit Arbeitsblättern oder Heften das Erlernte nur noch im Kopf gelöst, wie es jeder von der Regelschule her kenne. Dabei entscheide jedes Kind selbst, welche Stufe es erreicht hat. "Wir gehen sehr gezielt auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder ein", erklärt Schulleiter Ludl und fügt hinzu: "Wer länger braucht, dem geben wir die nötige Zeit - und verlangen andererseits nur so viel, wie der Einzelne imstande ist zu leisten."

Klassenarbeiten, Schulaufgaben oder Exen gibt es in der Montessori-Schule nicht. Es gibt aber Tests, diese würden nicht benotet, ersichtlich würde aber, wo das Kind steht. Danach kann der Schüler den Lehrstoff vertiefen, bei dem es hapert. Die schriftlichen Zeugnisse geben den individuellen Leistungs- und Entwicklungsstand des Kindes wider, und das ohne Noten. Ein Lehrer und eine pädagogische Kraft stehen pro Gruppe zur Verfügung. Mit Engagement waren die Schüler aktiv, sie waren nicht scheu beim Beantworten der Fragen, zeigten sich auffallend selbstbewusst und wussten genau, was sie taten und weshalb. Den Mädchen und Jungen fiel wes auch nicht schwer, den aktuellen Unterrichtsstoff genau zu erklären. Interessant waren auch die Schülerfirmen, bei denen die Schüler im Praktischen ihre Kreativität freien Lauf lassen können.

Begonnen hat die Freie Montessori-Schule in Leupoldsgrün, dort war allerdings bedingt durch den guten Zuspruch die Kapazität der Räume schnell erreicht, es folgte der Umzug nach Berg und damit auch das Wachstum der Schule - von 40 Mädchen und Jungen in Leupoldsgrün auf 60 anfangs in Berg. Mittlerweile gehen 120 Schüler in die Montessori-Schule in Berg von der ersten bis zur achten Jahrgangsstufe. Jedes Jahr wird es eine Stufe mehr.

An Ende der Schullaufbahn sei der qualifizierende Hauptschulabschlusses genauso möglich wie die mittlere Reife mit dem M-Zug. Ein Schulsprengel greife übrigens nicht. Aus Hof, Zell, Naila, Töpen, Schwarzenbach am Wald oder Saale kommen die Kinder. Stephan Ludl versichert, dass die Schule per Bus gut erreicht werden kann.

Montessori

"Hilf mir, es selbst zu tun" - unter diesem Motto ist der Grundgedanke der Montessori-Pädagogik zusammengefasst. Die Montessori-Pädagogik ist eine von Maria Montessori 1906 eingeführte Bildungs-Methodik und Bildungsphilosophie für Kindergärten und Schulen. Sie beruht auf offenem Unterricht im Gegensatz zur geschlossenen Methode, wie beispielsweise dem Lehrervortrag. Wichtig ist die Beobachtung des Kindes, die den Lehrer dazu führt, passende didaktischen Techniken anzuwenden. Die Methode wird oft als eine Philosophie beschrieben, die das Kind und seine Individualität in den Mittelpunkt stellt. Maria Montessori zeigte starkes Engagement für die Frauenrecht. Sie entwickelte das sogenannte Sinnesmaterial, das auch heute noch die Basis des Unterrichts bildet. Durch die Stimulierung der Sinne gelang es Montessori, die Kinder neugierig zu machen.

 

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Eike, Jonas und Julius (von links) demonstrieren mit Schulleiter und Lehrer Stephan Ludl im Gauß-Zimmer praktischen Mathematikunterricht und fanden dabei viele interessierte Besucher von Klein bis Groß.

Foto: S. H.

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